Die Klimalösung
01.01.2022 -“Das kleine Buch mit großen Lösungen zum Mitnehmen und Mitdenken.”
(aus den Empfehlungen auf dem back cover des Buches)
David Nelles und Christian Serrer haben in einer eindrucksvollen Fleißarbeit kompakt alle wesentlichen Aspekte der Klimaproblematik in einer handlichen Publikation zusammengestellt. In acht Kapiteln wird gut layoutet und überzeugend getextet das vorhandene Wissensmaterial präsentiert:
• Klimawandel
• Energie
• Gebäude
• Verkehr
• Landwirtschaft
• Industrie
• CO2-Entfernung
• Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
Die Kompaktheit, mit der die Informationen präsentiert werden, überzeugt, und die Kombination von Illustrationen und Text hält das Interesse der/des Lesers/in wach. Außerdem sorgen zwischenbilanzierende “Fazit”-Kurztexte dafür, dass die Leserin gut den Duktus des Buches verfolgen kann.
Einige kleinere Defizite trüben leider die an sich überzeugende Publikation. Bei dem Hinweis der Autoren auf Seite 2 zur gender-correctness kann frau sich natürlich fragen, warum nicht umgekehrt so formuliert wurde: “Die verwendeten weiblichen Begriffe beziehen die männlichen mit ein”... Das wäre ein gutes Beispiel zur sprachlichen Gleichberechtigung.
Ebenso ist sprachlich unverständlich, warum das Buch den Terminus “Kernenergie” recycelt, der doch in der Energiedebatte von der Atomenergielobby absichtlich stets als propagandistischer Begriff verwendet wurde, um mit seiner Assoziationen “kernig” gleich gesund etc. die Gefährlichkeit der Atomenergie zu kaschieren.
Zum Widerspruch provoziert der Satz auf Seite 9: “... müssen die Maßnahmen (gemeint ist: diejenigen für Klimaschutz, B.L.) so gestaltet werden, dass die Industrienationen ihre Lebensqualität und ihren Wohlstand erhalten...” Ein solcher Standpunkt, der im Klartext heißt, wir bekommen die Klimakrise in den Griff, ohne dass es Verhaltensänderungen geben muss, ist provokativ und angesichts der an sich sonst eher kritisch-politisch-progressiv daher kommenden Haltung der Autoren eher unverständlich. Man möge die ironische Replik nachsehen, aber soll das heißen: technisch das Klima retten, sodass die/der PorschefahrerIn entspannt mit gutem Klimagewissen in ihrem/seinen dann voll batteriebetriebenen Fahrzeug weiterhin mit 200 km/h über die Autobahnen rasen darf, und die Elemente seiner Batterie weiterhin unter menschenverachtenden Methoden in Afrika extrahiert werden? Das wäre das Gegenteil von internationaler Solidarität und würde dem entsprechen, was wir jetzt bei der ungerechten globalen Verteilung von Anti-Corona-Impfungen erleben. Blind einfach den Wohlstand erhalten wollen, fällt leider noch hinter die Botschaft der Club of Rome Publikation “The Limits to Growth” zurück.
Und dem Kapitel “Wasserkraft” hätte vielleicht eine kritische Reflexionen zu den zunehmenden Kämpfen um diese Ressource im globalen Süden gut getan (vgl. z.B: https://www.pnas.org/content/pnas/113/33/9216.full.pdf)
Auch die Leerstelle “Klimakiller Militär” ist verwunderlich, wo doch der Energie- und Flächenverbrauch und die Emissionen militärischer Fahrzeuge und Waffen enorm sind (vgl. The military’s contribution to climate change)
Schade, dass das Text-Layout das Lesevergnügen des inhaltlich guten Textes ziemlich schmälert. Das quadratische Kleinformat des Buches ist zwar ein attraktives Format, allerdings geht das auf Kosten der Lesbarkeit. Nicht nur ist dadurch die Buchstabengröße besonders für ältere Menschen unzumutbar verkleinert worden; richtig augenunfreundlich ist der unzureichende Kontrast der Text-Schriftfarbe. Hier sollten die Autoren bei einer evt. zweiten Auflage unbedingt mit einer kontrastreicheren Druckfarbe operieren. Unverständlich auch, warum ein Buch mit solcher immenser Materialflüsse ohne Stichwort-Register daherkommt, das gerade hier für eine gute Orientierung sehr nützlich wäre, ja fast unabdingbar ist.
Abgesehen von diesem kleineren Defizit ist das Buch eine gute Einführung und Zusammenfassung der wesentlichen Punkte zum Thema und stellt in seinem elementaren lexikalischen Darstellungsstil ein attraktives Handbuch für die gegenwärtigen Klimadiskussion dar.